Aufklärung und Einwilligung bei der Behandlung Minderjähriger
Aufklärung und Einwilligung bei der Behandlung Minderjähriger
Einer zahnärztlichen Behandlung, welche einen Eingriff darstellt, kann nur mit Einwilligung des Patienten erfolgen. Eine vollumfängliche Aufklärung über die Risiken und eine selbstbestimmte Einwilligung zu diesem Eingriff sind Voraussetzung und zwingend erforderlich. Ohne die Einwilligung des Patienten ist eine solche Behandlung nicht möglich.
Der Patient muss in seiner geistigen und sittlichen Reife dazu in der Lage sein, die Tragweite der ärztlichen Behandlung und die Risiken des Eingriffs zu verstehen. Die Fähigkeit zur Einwilligung hängt ebenfalls nicht von der im BGB definierten Geschäftsfähigkeit, sondern von der Einsichts- und Entschlussfähigkeit des einzelnen Patienten ab. Hierzu gibt es keine festen Altersgrenzen.
Die bereits genannte Einsichts- und Entschlussfähigkeit muss in jedem Einzelfall durch den behandelnden Zahnarzt beurteilt werden.
Im Regelfall geht von einer beginnenden Einsichts- und Entschlussfähigkeit ab einem Alter von etwa 12 Jahren aus. Ab diesem Alter kann der junge Patient mit in die Aufklärung einbezogen werden. Jedoch sollte gleichzeitig eine Einwilligung der Eltern vorliegen (Minderjährigkeit des Patienten).
Abgeschlossen kann der zahnärztliche Behandlungsvertrag einzig durch die sorgeberechtigten Eltern oder eine andere für den Minderjährigen Sorgeberechtigten. Ausnahme dazu stellen leichte Verletzungen sowie alltägliche Behandlungen.
Im Regelfall müssen beide Elternteile ihre Einwilligung zur Behandlung geben. Insbesondere in Trennungsfällen und bei differenzierten Vorstellungen der Eltern über die zahnärztliche Versorgung des gemeinsamen Kindes kann dies zu gewissen Problematiken führen. Im Zweifelsfall kann der Zahnarzt hier bei dem zur Behandlung mit erscheinendem Elternteil die Erkundigung einziehen, wer das Sorgerecht inne hat bzw. ob eine Vollmacht zur alleinigen Vertretung des Kindes durch ein Elternteil vorliegt. Bei zu erwartenden und erheblichen Behandlungsrisiken kann der Zahnarzt jedoch die Behandlung ablehnen, wenn nicht klargestellt werden kann, wer die Entscheidungsbefugnis inne hat und eine solche somit nicht klar erkennbar vorliegt.
Drei-Stufen-Theorie des Bundesgerichtshofs:
- Leichte Eingriffe: bei Routineuntersuchungen darf der Zahnarzt davon ausgehen, dass das mit dem Kind erschienene Elternteil auch den anderen Elternteil vertritt.
- Erhebliche Eingriffe: Eingriffe mit nicht unbedeutendem Behandlungsrisiko, hier muss sich der Zahnarzt beim erschienenen Elternteil explizit danach erkundigen, ob er auch im Namen des anderen Elternteils handelt. Sofern dies bestätigt wird, darf der Zahnarzt auf diese Auskunft vertrauen.
- Risikoreiche bzw. schwere Eingriffe: bei solch weitreichenden Entscheidungen muss sich der Zahnarzt Gewissheit verschaffen, dass das nicht erschienene Elternteil mit der Behandlung einverstanden ist. Da der Zahnarzt für die ordnungsgemäße Einwilligung aller Beteiligten die Beweislast trägt, sollte er sich die Einwilligung von den Eltern unterschreiben lassen.
Erscheint ein minderjähriger Patient ohne Eltern(teil) in der Praxis des Zahnarztes, so sollte eine Behandlung dieses Patienten vorerst unterbleiben. Dem Zahnarzt steht es in einem solche Falle nicht zu davon auszugehen, dass die Eltern, welche das Kind in die Praxis geschickt haben sollen, auch mit allen Maßnahmen und Behandlungen einverstanden sein werden, auch wenn der Zahnarzt diese für erforderlich hält.
Ausnahme ist hier jedoch ein Notfall, der eine unaufschiebbare Behandlung aufweist. Auch eine bereits begonnene Behandlung, zu der die Eltern im Vorfeld bereits ihre ordnungsgemäße Einwilligung erteilt haben, darf ohne das Beisein der Eltern an einem Minderjährigen in Folgeterminen weitergeführt werden.